Kurzgeschichte Kurzgeschichten von Madrabour

Eine Liebe im Zeichen der Rune


Er mochte seine Arbeit. Seit dem ersten Tag, als er zum Holzfällen abgestellt wurde, mochte er Sie. Natürlich war es kein Zuckerschlecken. Nein, es war harte körperliche Arbeit, die alles von im abverlangte. Aber am Ende des Tages wußte er zumindest für sich, was er geleistet hatte. Er wußte auch, das seine Arbeit inzwischen eigentlich umsonst war, denn die große Schlacht war längst gewonnen, der Feind geschlagen und aus dem Land vertrieben. Zumindest vorerst. Das Holz, was er schlug und ins Lager brachte wurde nicht mehr benötigt. Doch niemand hatte den Holzfällern befohlen, kein Holz mehr zu schlagen, und so fällten sie weiter Baum für Baum. Und Nachschub an Bäumen gab es genug, schliesslich forsteten die Elfen den Wald kontinuierlich wieder auf. Und die Elfen waren ein weiterer Grund, warum er seine Arbeit mochte. Um genau zu sein, handelte es sich um eine ganz bestimmte Elfe. Ein Elfenmädchen. Er hatte sie im Wald kennengelernt - wo auch sonst. Sie war gerade dabei gewesen, einen jungen Baum einzupflanzen, als ein gefällter Baum nicht dorthin fiel, wo er hinfallen sollte, sondern die Elfe beinahe erschlug. Er hatte sie dann um Hilfe rufend gefunden, der Baum hatte ihr linkes Bein eingeklemmt und gebrochen. Es gelang ihm rasch, das Mädchen zu befreien, und so trug er sie ins Elfenlager. Für die Elfen im Lager war es natürlich ein Kinderspiel, die Verletzung zu heilen, ihn jedoch schickten sie zurück an die Arbeit ohne ein Wort des Dankes. Doch als er am nächsten Tag im wieder in den Wald kam, wartete die Gerettete bereits auf ihn. Aus den kurzen Worten des Dankes, welche sie eigentlich nur an ihn richten wollte, wurde ein langes Gespräch und von diesem Tag an hatten sie sich täglich getroffen. Anfangs nur während der Arbeit, später hatten sie immer öfter ihre freie Zeit am Abend gemeinsam verbracht. So sollte es auch heute Abend sein. Er wußte, das es das letzte Mal sein würde. Es war trotz allem noch Krieg, und der Krieg machte auch vor ihnen nicht halt, machte auch für sie keine Ausnahme. Natürlich hatten sie versucht, ein Schlupfloch zu finden, irgendeine Möglichkeit. Und natürlich hatte es keine gegeben. Das hatte es noch nie.

Das Lagerfeuer war fast niedergebrannt. Der Abend war zur Nacht geworden und die Luft hatte sich merklich abgekühlt. Doch sie spürten die Kälte nicht. Eng umschlugen lagen Sie da. Sie küßten sich. Er wischte ihr eine Träne von der heißen Wange. Sie schauten sich in die Augen.

Und die Runenkriegerin trat durch das Portal.

Ende

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Letze Änderung: 07.05.2020

Zitat der Woche:

Im Übrigen gilt ja hier derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.


Kurt Tucholsky
Madrabours Eck
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